Viele, viele Praktikanten stürmen jährlich die europäischen Institutionen und all die Lobbyorganisation und Vertretungen, die sie umgeben. Basje Bender kam 2011 aus demselben Grund nach Brüssel. Und blieb.
Auch die Protagonistin ihres Debütromans Brussel, Elvie, hat es so nach Brüssel verschlagen und auch sie verliebt sich in diese graue Stadt, die einem das Verlieben nicht leicht macht, und bleibt, weil sie eine gutbezahlte Stelle findet.
Nach langer Wohnungssuche zieht sie in eine Zweier-WG mit Alexandra. Im Gegensatz zu ihr genießt sie das Leben in der EU Bubble, einer ganz besonderen Welt, die zwar räumlich in Brüssel liegt, mit der Stadt und ihrer Bevölkerung kaum Berührungspunkte hat. Sie ist gefüllt mit Expats aus aller Welt, die aus beruflichen Gründen in die "Hauptstadt Europas" kamen, sich aber nicht bemühen, Land und Leute kennenzulernen, sondern unter sich bleiben und früher oder später wieder zurückkehren - oder weiterziehen. Brüssel, das ist für diese Menschen vor allem der Stadtteil Ixelles und der Brüsseler Osten.
Elvie genießt das Nachtleben, die Unverbindlichkeit der Beziehungen, die Leichtigkeit des Seins und ihre finanzielle Unabhängigkeit. Am Wochenende streunt sie gerne durch die Gegend, entdeckt die verstecktesten Winkel und beobachtet die Leute. Nachdem Alexandra nach Amsterdam gezogen ist, kompensiert sie die Leere in der Wohnung durch noch mehr Ausgehen, bis sie die Künstlerin Camille kennenlernt. Doch auch diese Freundschaft ist nur vor kurzer Dauer.
Nun könnte man sagen, das Buch habe sehr wenig Plot, und das stimmt sicher. Es ist eher eine Novelle als ein Roman. Der Autorin geht es deutlich eher darum, den Mikrokosmos der EU Bubble in Worte
zu fassen. Und das muss man ihr wirklich lassen: Sie fängt die Atmosphäre in Brüssel im Allgemeinen und in der EU-Bubble im Besonderen extrem treffend ein. Sie skizziert die Diskrepanz zwischen
der grauen, schmuddeligen, heruntergekommenen Stadt – in die sie sich trotz allem verliebt hat – und den geschleckten, nicht integrierten EU-Ausländern detailliert. Jeder, der je in Kontakt mit
dieser Welt gekommen ist, wird sich in ihren Beschreibungen perfekt wiederfinden können. Gerne folgt man der Protagonistin auf ihren Spazier- und Gedankengängen.
Ein schönes Buch mit einer federleichten Geschichte für alle, die je in dieser Umgebung gearbeitet haben oder planen, es zu tun. Allerdings keins, dass man wirklich gelesen haben müsste.
NB: Brussel ist noch nicht auf Deutsch erschienen.