Blut spritzt, Knochen fliegen

Wahlkampf in einer Kleinstadt. Bürgermeister Viktor Ballas, seit 24 Jahren an der Macht, legt sich mächtig ins Zeug, um auch dieses Mal wiedergewählt zu werden. Kleiner Diktator, der er ist, ist ihm jedes Mittel recht. Seine Amtszeit hat er dazu genutzt, seine Position unangreifbar zu machen, indem er sich mit Getreuen umringt, deren Gefolgschaft er sich in jahrelanger Kleinstarbeit erzwungen hat. Das Wahlvolk weiß er erfolgreich zu bespielen, indem er immer an den richtigen Stellen kosmetische Verbesserungen anbringt und ihm im richtigen Moment Honig ums Maul schmiert. Politisch hat er sich in all den Jahren vom Linksliberalen zum stramm Rechten entwickelt, was sich auch in seiner Wahlkampfrede bemerkbar macht, in der er traditionelle Werte beschwört und von neuen Bürgern Integration fordert.

Journalist Lorenz Hardmann, zuständig für Artikel über den örtlichen Klatsch und Tratsch, bekommt seinen Hass auf die Presse körperlich zu spüren. Zudem wird in der Redaktion ein Kollege Christian Schirmer an ihm vorbei befördert, der für seine Linientreue bekannt ist, weil die frühere Chefredakteurin die Vetternwirtschaft des Bürgermeisters zu kritisieren gewagt hat. Nicht nur ist Schirmer objektiv weniger produktiv als Hardmann, er ist darüber hinaus auch ein ausgemachter Unsympath, hat er es doch sogar nicht lassen können, die Praktikantin zu mobben. Die Atmosphäre ist allgemein angespannt.


Außerdem plagen den Bürgermeister private Sorgen: Seine Frau ist über Nacht verschwunden. Da das in der Öffentlichkeit nicht gut aussieht, setzt er Polizeisprecher Safranski sofort die Pistole auf die Brust. Dieser ist darüber ein wenig verwundert, schließlich könnte es für das Verschwinden ja auch eine ganz banale Erklärung geben. In bester Populistenmanier zeigt Ballas sofort mit dem Finger auf das Flüchtlingsheim.


Zu gleicher Zeit erwacht im Wald eine Frau. Es dauert nicht lange, bis ihr aufgeht, dass sie tot ist. Wer war sie? Sie kann sich nicht erinnern und macht sich auf die Suche nach Antworten. Wenig überraschend stellt sich bald heraus, dass sie noch vor Kurzem Annabell Ballas war, die Frau des Bürgermeisters. Auf ihrem Weg zu dieser Erkenntnis und zur Lösung des Rätsels um ihr Ableben labt sie sich an allen Menschen, die das Pech haben, ihren Weg zu kreuzen, sodass in kürzester Zeit eine schnell anschwellende Zombiewelle über die kleine Stadt schwappt. Den Lesern wird bei diesem ausufernden Blutbad kein Detail erspart.


Warum und wie Annabell Ballas starb und wieso sie als Zombie wiederkehrte und wen sie in dieser neuen Form zur Strecke bringt, erfahren wir in den folgenden Kapiteln, in denen die Erzählstimme kaleidoskopisch unterschiedlich ausführlich verschiedenste Einwohner der Kleinstadt begleitet: den Journalisten Lorenz Hardmann, Polizeisprecher Safranski, Bürgermeister Ballas und seine Frau, die Praktikantin der Lokalredaktion, Ordnungsamtmitarbeiter Bruckmann, Wirt Belke und seine Kellnerin Joanna und Azubi Maik und Eine-Welt-Laden-Besitzerin Herma. Die Leser erfahren, wie diese Figuren miteinander in Verbindung stehen und wie sie auf diese überraschende Wendung in ihrem ansonsten ereignislosen Leben reagieren.


Tote wird man nicht los ist Sebastian Garthoffs Erstling und ihm hat leider ein qualifiziertes Lektorat gefehlt. Die Geschichte wimmelt nur so von schrägen Bildern, bizarren Vergleichen, verqueren Redewendungen, falschen Verben und merkwürdigen Vorsilben, wodurch neben dem sowieso ironischen Ton die Erzählung an vielen Stellen unfreiwillig komisch wirkt. Trotzdem gelingt es dem Autor, der Geschichte Schwung zu geben. Die Zombielawine sorgt für eine Sogwirkung, wodurch man trotz der sprachlichen Schwächen weiterlesen möchte. Die Figuren sind zwar nur skizziert und im Grunde klischeehaft charakterisiert, haben aber alle genug Eigenheiten, dass man sie sich vorstellen und sich in sie hineinversetzen kann.

 

Für zwischendurch ist dieser kurzweiliger Splatterspaß mit Twist recht amüsant und lässt hoffen, dass sich der Autor bei zukünftigen Büchern ein paar mehr Seiten abringen wird.