Carmien Michels - Vraag het aan de bliksem

Der Hund, der Menschenknochen fängt

Wenn meine Eltern ihr Hirn eingeschaltet hätten, als sie meinen Namen aussuchten, hätte ich David geheißen, nach dem Hirtenjungen, der die blutrünstigen Wolfshunde mit seiner Steinschleuder verjagte, und der dadurch berühmt wurde, dass er Goliath tötete. Bamm. Tot.


Genau wie David habe auch ich dunkelbraune Augen und braune Locken mit einem rötlichen Schimmer. Meine buschigen Augenbrauen greifen einander mit ihren Verästelungen an wie Hirsche in der Brunftzeit. Auf meiner Oberlippe sprießt noch kein einziges Barthaar, obwohl ich schon vierzehn bin. Meine Hände sind besonders groß, so groß, dass ich einem Küken vorgaukeln kann, dass es Nacht ist. Mit meinen langen Fingern könnte ich verdammt gut Harfe spielen, wenn wir uns das leisten könnten. Ansonsten ist alles klein an mir. Kleine Füße, kurze Beine, kurzer Oberkörper, kurze Arme. Nur mein Hirn braucht viel Platz. Ich bin hochbegabt im Quadrat.


Wenn ich wie David sieben ältere Brüder hätte, die sich alle naselang mit ihren ungehobelten Mäulern und plumpen Leibern in die Bredouille bringen, würde ich sie immer mit meinem Einfallsreichtum retten. Unsere freudige Rückkehr würde immer in einem großen Familienfest münden, über das wir Jahre später immer noch sprechen würden. Doch meine Eltern wollten nur ein Kind. „Ein Kind kostet ein Haus“, sagten sie, als ich um ein Brüderchen bettelte. Wir wohnten in einer mickrigen Wohnung im neunten Stock eines Mietshauses. Wenn ich ein Haus wert sein sollte, waren sie mit den Zahlungen doch sehr in Verzug.


Bis vor kurzem war Mao das Licht meines armseligen Lebens. Er verschwand, als ich seinen Käfig saubermachte. Ich hatte meine Eltern jahrelang um einen Papagei angefleht, aber sie waren dagegen gewesen. Also hatte ich mir zu meinem dreizehnten Geburtstag einen von Nico gewünscht, dessen Eltern eine Zoohandlung haben. Als ich dann mit ihm nach Hause kam, hatten meine Mitbewohner wenig einzuwenden. So sind sie dann doch. Sie sind gegen alles, aber gleichzeitig sind sie zu antriebslos, um mit der Faust auf den Tisch zu hauen.


Als ich den Futternapf aufgefüllt hatte und Mao wieder in den Käfig locken wollte, fiel mir auf, dass er nicht mehr da war. Das war ungewöhnlich. Er kam normalerweise immer angetrippelt, wenn ich seinen Namen rief. Er hatte es gut bei mir. Im Gegensatz zu meinen Eltern, schenkte ich ihm viel Aufmerksamkeit und brachte Struktur in sein Leben. Mittwochs machte ich seinen Käfig sauber und sonntags gab ich ihm Sprechunterricht. Er trällerte immer eine fröhliche Melodie, wenn ich mich mit dem Französischbuch zu ihm setzte.


„Je suis Mao“, sprach ich ihm sicher tausendmal vor, leider ohne Erfolg.


Ich suchte in allen Ecken des Wohnzimmers, sah hinter den Vorhänge nach, unter dem Schrank und hinter der Couch. Nachdem ich mein Zimmer durchforstet hatte, betrat ich das Schlafzimmer meiner Eltern. Kleidungsstücke lagen über den Boden verstreut wie Unkraut, das hier und da aus der Erde schießt. Ich achtete darauf, dass ich nur auf die freien Flecken Laminat trat, damit ich nicht versehentlich auf Mao träte. Nacheinander hob ich alle Kleidungsstücke auf und ließ sie wieder fallen, als ich keine Spur von Federn oder Vogeldreck fand. Ein schwarzes, zerknülltes Tüchlein mit Gaze hielt ich etwas länger fest, um herauszufinden, worum es sich handelte. Als ich beim Auseinanderrollen sah, dass es ein Slip meiner Mutter war, verlor ich sofort das Interesse und warf es in die hinterste Ecke. Dann musste ich es allerdings wieder zurückholen. Überall, wohin man auch kommt, verändert man den Lauf der Dinge. Angenommen, meine Mutter würde auf der Suche nach ihrem Slip stolpern und mit dem Kopf auf die Fensterbank schlagen. Bamm. Tot. Man sollte die Dinge besser so lassen, wie sie sind.


Als ich das Teil mit einer eleganten Handbewegung auf seinen ursprünglichen Platz fallen ließ, sah ich auch dort meine Mutter ausrutschen und mit dem Hinterkopf an die Bettkante knallen. Ich hob es wieder auf. Die Entscheidung zwischen dem einen und dem anderen Ort fiel mir schwer. Was ich auch tat, es könnte ein schlechtes Ende nehmen.


In der Küche stopfte ich es in den Mülleimer, unter eine Krupuktüte, die sie gestern leergefuttert hatte. Sowohl ich als auch mein Vater, der immer einkaufte, hassten Krupuk. Er hatte kein Rückgrat. Er gab ihren Wünschen immer nach. Sogar, wenn er mir versprochen hatte, etwas mit mir zu unternehmen, brauchte sie ihn nur anzusehen, und schon hatte er keine Lust mehr.


Als ich wirklich überall gesucht hatte und Mao spurlos verschwunden blieb, grübelte ich am Küchentisch über meinen nächsten Schritt nach. Die Kuckucksuhr an der Wand, unser einziges antikes Möbelstück, zeigte zehn vor fünf. Noch eine gute Stunde, bevor meine liebste Mutter von der Arbeit kommen würde. Ich lauschte den Sekunden, die geräuschvoll verstrichen, und schnalzte mit der Zunge im Takt. Wenn ich jetzt auch noch mit den Fingern schnipste, genau in dem Moment, wenn zehn Sekunden verstrichen wären, würde Mao zum Vorschein kommen. Sieben. Acht. Neun. Schnips.


Nichts. Keine Bewegung, kein Laut. Über meinem Kopf pochte der Stock von Frau Mint. Das war das Einzige, was man je von ihr hörte. Sie hatte nie Musik an, bekam selten Besuch und brüllte nie ihren Hund an, der sowieso so gut wie nie bellte. Sie hatte nur ein Bein, das andere war durch einen Stock ersetzt worden. Sie benutzte immer einen Gehstock, auch wenn sie nur ein paar Schritte machen musste. Wenn man nicht gut hinhörte, schien es, als habe sie nur die zwei Stöcke als Beine. Spitzte man die Ohren, hörte man noch einen dritten Schritt, leiser, wie ein Kind, dass sich für seine Eltern schämt.


Ich drückte die Klingel so lange, bis Frau Mint kam. Ich ging äußerst selten bei ihr vorbei. Sie war zwar freundlich, aber ihr Atem stank genauso schlimm wie die offenen Füße eines Bettlers, der nach langer Zeit mal wieder seine Schuhe auszieht. Wenn sie einem etwas zu trinken anbot, musste man das höflich ablehnen. Alles in ihrem Kühlschrank war abgelaufen.


Ihre Augen waren rot und geschwollen, als sie die Tür öffnete.
„Hast du Rocky gesehen?“, fragte sie.
„Hä?“, sagte ich. „Ich wollte Sie gerade fragen, ob Sie Mao gesehen haben!“
Aus reiner Aufregung vergaß ich, mich rechtzeitig aus der Gefahrenzone zu zurückzuziehen.
„Mao?“, fragte sie.
Ihr übler Atem erreichte meine Nasenlöcher.
„Mein Papagei. Er ist vorhin verschwunden“, piepte ich, während sich mir der Magen umdrehte und mir die Tränen in die Augen traten.
„Rocky auch“, sagte sie und begann zu schluchzen.
Ich zog den Kopf ein. Je tiefer meine Nasenlöcher, desto besser die Luft. Ich sah auf auf meine Füße und dann auf ihren Stock, der unter dem Rock hervorragte.
„Ich gehe sie suchen, Frau Mint“, sagte ich pflichtbewusst und hätte beinah salutiert. Rocky und Mao waren zusammen durchgebrannt. Niemand wusste, wie lange im Voraus sie das schon geplant hatten.


Auf jedem Stockwerk gab es sechs Wohnungen. Sie hatten alle dieselben Türen, aber man konnte deutlich erkennen, welche Leute urlangweilig waren wie meine Eltern und welche zumindest noch ein bisschen Ahnung von der Welt da draußen hatten. An einer der Türen des siebten Stocks hing ein Poster mit allen Farben des Regenbogens.


Während ich die Treppen hinablief, sah ich innerlich Mao vor mir, der auf Rockys Rücken saß, seine Papageienkrallen fest ins Fell des Hundes gekrallt. Der rote Führer gab ihm den Befehl, das Gebäude im Hundegalopp zu verlassen. Um Zeit zu gewinnen, beschloss ich, nicht mehr alle Flure abzulaufen, sondern nur einen Blick hineinzuwerfen, um mich zu vergewissern, ob sie dort waren.
Blick in den linken Flur. Clear. Blick in den rechten Flur. Clear. Ich machte schon Anstalten, weiter die Treppe runter zu laufen, als ich begriff, dass meine Augen etwas Auffälliges registriert hatten. Ich sah noch mal in den rechten Flur. Etwas weiter stand eine Sansevieria in einem großen orangen Blumentopf. Meine Oma hatte davon tausende auf der Fensterbank stehen. Da geschah es noch einmal. Hinter dem Blumentopf wischte ein Hundeschwanz über den Boden.


Mir war nur allzu klar, dass ich nur ein Junge mit kurzen Armen war gegenüber zwei Tieren mit Flügeln und Pfoten. Wenn ich den Käfig und Frau Mint holen würde, war die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Entdeckungsreisenden inzwischen ihren Weg fortsetzen würden. Es blieb mir nichts Anderes übrig, als mich an die Sansevieria heranzupirschen.


Das Bild, das sich mir bot, war nicht mehr als logisch. Die Natur besteht schließlich aus logischen Abfolgen. Der Schock war nur deshalb so groß, weil mein zivilisiertes Hirn dies nicht im Entferntesten erwartet hatte.
War Rocky unterernährt? Oder war er die Sorte Raubtier, die jagen musste, auch wenn der Hunger schon gestillt war?
Im ersten Augenblick konnte ich die roten Federn und Maos blutige Überreste nicht einordnen. Im nächsten Moment erschrak ich und schrie glaube ich auf. Rocky blieb liegen, der dumme Hund. Er sah mich bloß fragend an, sich keines Übels bewusst. Als er sich mit der Zunge die Lefzen leckte, ging er zu weit.


Man sagt ja, dass Tiere es spüren, wenn man nervös oder ängstlich ist und erst recht, wenn man böse Absichten hat. Rocky blieb arglos liegen, weil ich überhaupt nichts fühlte, als ich den Blumentopf hochhob. Ich hätte genauso gut auf der Unterseite nach dem Preis schauen und ihn wieder abstellen können, so normal und ruhig waren meine Bewegungen.
Womöglich war Rocky schläfrig von seinem üppigen Abendessen. Während ich den Topf extrahoch hob und meine Arme vor Anspannung zitterten, legte er seinen Kopf ab und schloss die Augen. Und doch glaube ich nicht, dass er vorhatte, ein Nickerchen zu machen. Der Hund nahm sein Schicksal an, wie ein alter Mörder, der zum Tode verurteilt ist, ergeben darauf wartet, dass der Hebel umgelegt wird. Als ich den Topf auf seinen Kopf fallen ließ, sprang er jedenfalls nicht davon, wie es jeder normale Hund instinktiv tun würde. Ein kurzes Aufjaulen gab er noch von sich, doch als ich mit dem Einkaufstrolley wiederkam, rührte er sich nicht mehr.
Rocky wog viel. Es erforderte eine Menge Muskelkraft, ihn in den Trolley zu kriegen. Ich zerrte die Tasche über sein Hinterteil, wie man einen Schlafsack in die dazugehörige Hülle quetscht. Es erinnerte mich an das eine Mal, als mein Cousin Jordey unbedingt draußen statt in seinem Zimmer hatte schlafen wollen, weil er gerade eine mehrtätige Wanderung gemacht hatte. Ich hatte in jener Nacht kein Auge zu getan wegen dem Mückengesumme und dem harten Boden, der durch die dünne Liegematte meinen Rücken malträtierte. Als wir am nächsten Morgen das bescheuerte Zelt abbauen mussten und die Schlafsäcke in ihre Hüllen stopften, war meine Morgenlaune so schlecht wie noch nie zuvor.


Das Bergen des Hundes verlief schneller, einmal dass ich mich auf den Boden gesetzt hatte, mit dem Rücken gegen die Wand und das tote Tier mit den Füßen durch die Öffnung schob, während ich den Griff des Trolleys zu mir hin zog. Der Kopf des Tieres war am schnellsten verstaut. Es war immer am einfachsten, die Kirsche auf der Torte abzulegen. Die ganze Anspannung von davor und die Angst, erwischt zu werden, machten einem Gefühl der Befriedigung Platz. Es rauschte zu viel Adrenalin durch meinen Körper, als dass ich mich schon schuldig gefühlt hätte.


Nachdem ich den Trolley hinter meinem Bett versteckt hatte, bemühte ich mich, meinem geliebten Mao einen würdigen Abschied zu bieten. Auf einen Schuhkarton hatte ich ein Kreuz gemalt. Als ich seine Überreste in den Karton gelegt, die Blutspuren verwischt und auf rituelle Weise eine Handvoll Erde aus dem Blumentopf über ihm verstreut hatte, drohte plötzlich Gefahr. Der Fahrstuhl hielt in dem Stockwerk, in dem ich mich befand. Ich saß in der Falle. Ich war umgeben von geschlossenen Türen und die Treppe neben dem Fahrstuhl war zu weit weg.


Eine dicke Hand mit Gelnägeln öffnete die Fahrstuhltür. Ich schloss die Augen. Ich atmete tief durch und ergab mich genau wie Rocky meinem verdienten Schicksal. Die Todesstrafe blieb jedoch aus, denn die Frau im Fahrstuhl ließ etwas fallen, fluchte und ließ die Tür wieder zuschlagen. Ich rannte wie ein Bekloppter die Treppe hoch zu unserer Wohnung.
Als meine Mutter wenig später nach Hause kam, erzählte ich ihr alles. Dass Mao verschwunden und Frau Mint ihr Hund weggelaufen sei. Über meinen Anteil an der Geschichte schwieg ich mich aus. Sie waren weg und kamen nicht mehr zurück, soviel war sicher.
Meine Mutter sah mich aufmerksam an, während ich redete, als ob sie wirklich zuhörte. Als ich mit meiner Erzählung fertig war, sah sie verträumt zum Fenster hinaus. „Der Vogel ist entflogen“, sagte sie mit einem Lächeln.
An jenem Abend sahen wir bis spät abends fern. Meine Mutter schob sich hin und wieder eine Krupukmuschel in den Mund und saugte so lange darauf herum, bis nur noch ein klebriger Klumpen übrig war, den sie herunterschluckte. Es nervte mich maßlos.
Wir sahen eine Sendung über Tiere in der Wildnis. Ein Tiger pirschte sich extrem langsam an eine grasende Antilope heran, bis sie ihn schließlich bemerkte. Sie erstarrte völlig. Der Tiger kam näher und näher. Als die Beiden nur noch wenige Meter voneinander entfernt waren, wandte die Antilope ihrem Feind die Hörner zu. Es sah eher aus wie eine Begrüßung als wie eine Drohung. Eine Weile passierte nichts, nur ihre Mäuler bewegten sich auf und zu, als unterhielten sie sich.
„Wie geht’s der Wunde, die ich dir letztes Mal beigebracht habe?“
„So gut wie verheilt, aber eine Hürdenläuferin werde ich wohl nicht mehr. Und was machen deine Flöhe?“
„Die hat jetzt meine Frau, zum Glück.“
Kurz schien es so, als knurre der Tiger etwas zum Abschied, doch dann machte er sich sprungbereit und sprang. Obwohl ich wusste, dass das passieren würde, erschrak ich furchtbar.
„Schlechtes Gewissen?“, erkundigte sich meine Mutter, die noch immer auf derselben Krupukmuschel herumsaugte.
Ich knurrte sie mit gefletschten Zähnen an, woraufhin sie nach mir schlug wie nach einem störenden Insekt.


Als ich schließlich ins Bett ging, konnte ich einfach nicht einschlafen wegen der zwei toten Tiere in meiner unmittelbaren Nähe. Ich musste daran denken, was Frau Mint mir einmal erzählt hatte, dass sie den Hund nach dem Tod ihres Mannes gekauft hatte. Sie hatte beim Züchter nichts gefunden, das ihr gefiel, bis sie in einer Ecke einen kleinen Hund sitzen sah, der sie genauso traurig ansah wie ihr Mann als er starb. Ich versuchte, an etwas Anderes zu denken als an Rocky, aber ich schaffte es nicht, seinen naiven Blick aus meinem Kopf zu verbannen.


Nacheinander machten meine Eltern sich bettfertig. Sie veranstalteten kein Keuchkonzert, Gott sei Dank. Sogar die Nachbarn waren ruhig. Unten auf der Straße brüllte ein Betrunkener vor sich hin. Ein einsamer Vogel flog vorbei und krächzte einige Male. Außerdem hing ein durchgehender Summton in der Luft, als rauschten alle Winde dieser Welt durch ein riesiges Rohr.


Als mir der Geruch von nassem Hund in die Nase stieg, wusste ich, was ich tun musste. So leise wie möglich öffnete ich meine Zimmertür und kontrollierte, ob auch ja kein Licht unter der Schlafzimmertür meiner Eltern hindurchfiel.


Als ich im Erdgeschoss den Trolley mit dem Schuhkarton oben drauf in den Fahrstuhl rollte, war ich sofort auf der Hut. Das Flurlicht war an. Es ging immer schnell wieder aus, noch bevor man mit den Fingern schnipsen konnte, also musste gerade jemand hier gewesen sein.


Jetzt kehrt zu machen, wäre zu albern. Es musste jetzt passieren, es war meine eigene blöde Schuld. Ich rollte den Trolley aus dem Fahrstuhl, durch die Eingangshalle, aus dem Gebäude und ging eine Weile den Gehweg in Richtung Autobahn hinunter. Das Gewicht des toten Hunds ließ meinen Armen absterben. Ich war den Wettergöttern auch nicht besonders dankbar für den Regen, der immer fieser vom Himmel fiel, aber nun ja, mir ging es immerhin besser als Mao und Rocky.


Als ich am Spielplatz auf der anderen Straßenseite vorbeiging, sah ich mich verstohlen um. Ich hatte etwas Dunkles angezogen, damit ich zwischen dem Gesocks, dass dort abends rumhing, nicht auffiele. Wegen des schlechten Wetters saß dort zum Glück niemand.


Der schwierigste Teil bestand darin, den Trolley durch das Gras zu den Bäumen am Rand der Autobahn zu kriegen. Der Boden war feucht und blieb vor den Rädern des Trolleys hängen, sodass ich den immer wieder ein wenig anheben musste, wonach er wieder eine neue Spur hinterließ und steckenblieb. Während meine klatschnasse Regenjacke und Pulli an meinen Armen und meinem Bauch festklebten, drückte mein Rucksack wie ein heißes Bügeleisen in meinen Rücken.


Es dauerte sicher eine Viertelstunde, bis ich die Bäume erreichte. Aus der Ferne hatte es so ausgesehen, als stünden sie dicht nebeneinander, doch als ich nun dazwischen stand, boten sie mir überhaupt keine Deckung. Die Autos rasten einige Meter weiter unten über die Autobahn.


Ich schleifte den Trolley zu einer Stelle, die von den Straßenlaternen gut genug beleuchtet war, holte eine kleine Schaufel aus meinem Rucksack und fing an zu graben. Am Anfang versuchte ich mich klein zu machen, um auf gar keinen Fall den Autofahrern aufzufallen, doch ich merkte schnell, dass das völlig unnötig war.


Tagsüber wäre ich vielleicht aufgefallen, aber sogar dann hätte ich mir nicht allzu viele Sorgen zu machen brauchen. Menschen sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um auf andere zu achten. Außer, wenn sie was von dir wollen oder du etwas tust, das sie stört.